Predigt in Bensberg 2004 |
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Predigt
während
der Tagung in Bensberg
2004 |
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Text:
Psalm 63,2-5 |
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Weil
wir uns über Psalmen während der Tagung unterhalten haben, kann ich
einige theologische Bemerkungen voraus setzen.
Ob
der Psalmist mit dem Gott glücklich geworden wäre, der seinen Sohn für
die Menschen opferte? Ich möchte doch für mich bekennen, dass es nie
so schlecht um mich bestellt war, dass jemand für mich sterben muss.
Vor allem stellt sich Jesus niemals als den dar, der durch den Tod
dieser göttlichen Initiative entspräche oder durch seinen Tod diese
menschliche Schuld begliche. In den Gleichnissen vom verirrten Schaf,
von der verlorenen Drachme, vom verlorenen Sohn, vom Festmahl, zu dem
die Kranken und Bettler mit Gewalt hereingedrängt werden, wird das
genaue Gegenteil dargestellt. Das Reich Gottes ist da, auch für die
Kranken, auch für die, die im verkehrten Glauben leben und für die,
die auf Abwege geraten sind. Ist
Gott leidensunfähig, indem er seinen Sohn opfert, so ist er nicht
leidensfähig, dann aber auch nicht liebesfähig. Origenes sagt in
seinem Kommentar zum Römerbrief: „In seiner Barmherzigkeit leidet
Gott mit, er ist nämlich nicht herzlos“. Ernst Troeltsch sagt das
noch besser: „Der Gedanke der göttlichen Liebe vollendet sich erst,
wenn wir uns nicht der Illusion hingeben, Gott leide nicht. Es ist
vielmehr ein wesentlicher Punkt in der heiligen Liebe, dass Gott sich
selbst dem Leid unterzieht.“ So
ist wohl der Gott hilfreich und ersehnt, den Jaques Pohier so deutet:
Gott ist der, der an die Seite dessen tritt, der leidet. Dass er mit
dem ist, der leidet. Wie ein Freund. Und der nichts verdrängt, den
nichts fliehen lässt, weil er etwa Angst hätte. Denn Leiden macht
immer Angst. Es macht furchtsam und aggressiv: es gibt Lust zum Töten
oder sich zu töten, zu retten oder sich zu retten. Da sein, da
bleiben, mit einem sein, und zwar so, dass der Leidende sich nicht zu
verbergen, sich nicht einschliessen muss oder Angst zu haben braucht
vor sich selbst oder vor dem, was er in den Augen des Zeugen seiner
Leiden liest. So bei ihm zu sein, dass er sieht, man kommt nicht, um
etwas von ihm zu fordern, um ihm zu erklären, was er tun solle, um
von ihm Rechenschaft zu verlangen oder ihm Lehren zu erteilen. Sondern
einfach, um mit ihm zu sein. Um das zu sein, was man ist, damit er der
sei, der er ist. Der
in dem Jesus sich zeigende mitleidende Gott, der solidarische Gott,
ist hilfreich. Im
dürren, trockenen Land, wo kein Wasser ist, ist er bei mir als ein
Freund. Jetzt kann der Beter im Psalm von Gott sagen: „Deine Güte
ist besser als Leben. Meine Lippen preisen dich.“ In dieses Preisen
sollten wir mit dem Psalmisten einstimmen.
Amen Dr.
Martin Gerlach |
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