Predigt in Bensberg 2006 |
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Predigt
während
der Tagung in Bensberg
2006 |
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Der
Predigttext ist: Römer 11, 13-18 |
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Mein
Anknüpfungspunkt zu diesem Text ist die Reflexion des Weges von Edith
Stein:
Lassen
Sie uns nach diesen Vorüberlegungen einmal nun
in den Text einsteigen. Die Adressaten des Römerbriefes und
dieser Stelle sind Heidenchristen. Wir haben in Rom offensichtlich
eine Gemeinde, die aus Judenchristen und Heidenchristen besteht.
Paulus wendet sich gegen die Heidenchristen, weil sie sich rühmen
gegenüber den Judenchristen. Dies ist nicht sachgemäss. Paulus
argumentiert so: Er ist Apostel der Völker geworden und hofft, dass
durch sein Wirken die Juden sich gereizt fühlen und durch den Reiz
sich rückbesinnen und so gerettet werden. Weil Israel sich weigerte,
seinem Gott zu folgen, wurde das Evangelium in die Welt hinaus
getragen, eben zu den Heiden, und diese wurden Heidenchristen. Aber
die Rückkehr der Juden ist gleichsam identisch mit dem Leben aus dem
Tode. Denn sie waren doch Erstlinge und sollen das auch bleiben, sie
haben eine Wurzel und leben aus der Kraft, und diese Erstlingschaft
sind die Erzväter. Von ihnen her kommt die Wurzel, aus der sie
leben dürfen. Gottes Geschichte mit dem Volk bleibt, was von den Erzvätern
begann, geht weiter durch die ganze Geschichte hindurch. Und
die Heidenchristen? Aus der Wurzel sind Zweige ausgehoben worden, so
konnten neue Zweige eingesetzt werden. Juden und Christen bleiben, was
sie sind. Die Botschaft gilt Heiden und Juden, beide haben die gleiche
Position vor Gott, beiden gelten die Verheißungen, für beide bleiben
die Verheißungen unumstritten, immer gültig. Was
sind nun die Verheißungen? Es geht um die Botschaft von dem Gott, der
Bundespartner seines Volkes wird. Die Formulierung: „Ihr sollt mein
Volk sein, und ich will Euer Gott sein“ sind Ausdruck dieser
Bundespartnerschaft. Der Partner des Bundes leidet mit dem Volk, er
geht mit ihm bis ins Exil. Er wird leidensfähig und damit auch
liebesfähig, denn wer nicht mitleiden kann, kann auch nicht lieben.
Er muss auch, wie das Volk selbst, in der Gefangenschaft und aus der
Gefangenschaft erlöst werden. Das sind die Verheißungen: Ich bin nie
ohne Gott, er ist der mitgehende Gott. Er ist nicht dazu da, mich aus
dem Leid zu befreien, er ist dazu da, im Leid bei mir zu sein. Diese
Gottesvor-stellung, in der die Allmacht Gottes keine Rolle mehr
spielt, in der Gott einwohnt in dieser Welt, ist die Botschaft der
Verheißung. Klassisch nennt man diese Einwohnung Gottes Schechina.
Aber, das muss bedacht werden, dieser mitgehende Gott will nur Glück
im Unglück sein. Das Beispiel des Nun
werden Sie mich nach Jesus fragen. Das tun Sie zu Recht. Er hat diese
Botschaft neu gelebt. Er hat sie uns vermittelt. Der mitgehende Gott.
Und vielleicht kann man seinen Tod so deuten, dass er Zeichen ist für
die Fähigkeit Gottes, mit zu leiden. Das halte ich für eine glänzende
Deutung. Und nicht die Kategorie: Er starb für meine Sünden. Nun
kann man diesen Gedanken noch weiter treiben: Die Konstante im Leben
ist die Treue Gottes als mitgehender Gott. Diese Konstante ist das,
was Leben und Tod verbindet. In beiden Bereichen ist es der mitgehende
Gott. Im Alten Testament wird dies ausgedrückt durch die Treue
Gottes, Paulus drückt das noch anders aus, wenn er sagt: Die Liebe höret
nimmer auf. Die Konstante zwischen Leben und Tod ist der mitgehende
Gott. Lassen
Sie mich diesen Gedanken, der mich bestimmt und bewegt, noch einmal in
zwei Zitaten verdeutlichen. Der bekannte Greifswalder Neutestamentler
Ernst Lohmeyer schreibt am 19. August 1933 einen Brief an Martin Buber.
Ich zitiere einen Abschnitt aus diesem Brief: „Ich
hoffe, dass Sie mit mir darin übereinstimmen werden, dass der
christliche Glaube nur solange christlich ist, als er den jüdischen
in seinem Herzen trägt. Das soll zunächst nichts weiter sagen, als
dass diese Frage von Judentum und Christentum nicht zwischen Part und
Widerpart hin- und her geworfen werden kann, sondern dass es eine
innere, den eigenen Ernst und die eigene
Wahrheit erschütternde Frage des christlichen Glaubens ist.
Ich wüsste für einen christlichen Theologen fast nichts, wo das ‚Tua
res agitur’ ihn so gefangen nehmen sollte, wie diese Frage des
Judentums. Es ist für mich eine bittere Erfahrung, dass in unserer
christlichen wie theologischen Öffentlichkeit man so leicht
politischen oder sonst wie gefärbten Schlagworten zuneigt.“ Und
das zweite Zitat ist aus dem sehr schönen Paulus-Buch von
Hans-Joachim Schoeps, was 1959 erschien. Schoeps schreibt darin:
„Der Messianismus Israels zieht auf das Kommende, der Eschatologie
der Weltvölkerkirche auf die Wiederkehr des Gekommenen. Beide eint
die gemeinsame Erwartung, dass das entscheidende Ereignis noch erst
kommen wird als Ziel der Wege Gottes, der in Israel und in der Kirche
mit der Menschheit geht. Die Kirche Jesu Christi hat von ihrem Herrn
und Heiland kein Bildnis aufbewahrt. Wenn Jesus morgen wiederkehren würde,
würde ihn vom Angesicht kein
Christ erkennen können. Aber es könnte wohl sein, dass der,
der am Ende der Tage kommt, der die Erwartung der Synagoge wie der
Kirche ist, dasselbe Antlitz trägt.“ Diesen
beiden Zitaten ist nichts hinzuzufügen. Amen Dr.
Martin Gerlach |
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