Karfreitag

 
   
Christen sind in der Passionszeit und nähern sich dem Höhepunkt dieser Zeit, dem Karfreitag. Sicherlich ist dieses Karfreitagsgeschehen vorgeprägt in der Anweisung des Gesetzes über den großen Versöhnungstag, wie wir es finden im 3. Buch Mose, Kapitel 16. Manches ist doch zum Karfreitag zu bedenken: Paulus hat uns diese Sühnevorstellung, die wir im Abendmahl verwirklichen, im 3. Kapitel des Römerbriefes übermittelt. Sicherlich müssen wir auch zur Kenntnis nehmen, dass Paulus andere Versuche unternommen hat, um dieses Todesgeschehen zu deuten. Jesus selbst hat seinen Tod nicht gedeutet. Wir müssen auch bedenken, dass es eine weitere Tradition gibt, in der das Passions-geschehen anders gedeutet wird. Ich denke an die Orthodoxie. Der prägende Grund für die Orthodoxie ist nicht das Alte Testament oder das Römische Recht, prägend ist die griechisch gewordene Antike. So können wir reden von griechischen Mythen in christlicher Deutung. Die Anbindung der griechischen Kirchenväter bis ins 4.und 5. Jahrhundert hinein ist die Heimfahrt des Odysseus zwischen Skylla und Charybdis, an dem verführerischen Gesang der Sirenen vorbei. Odysseus lässt sich an einem Mastbaum des Schiffes anbinden, um so sicher nach Hause zu kommen. Es geht darin nicht um Sühne und Buße, es geht darum, dass das Kreuz als Mastbaum verstanden wird, damit ich durch die Gefahren sicher nach Hause komme.
Interessant wäre jetzt auch noch ein Gang in die afrikanische und südamerikanische Theologie, um von deren Hintergrund aus das Karfreitagsgeschehen gedeutet zu erleben.
Mir geht es darum, aufzuzeigen, dass wir mit unserer Deutung und unserer Tradition nicht allein stehen, sondern dass wir andere Traditionen zur Verfügung haben, um so Karfreitag zu verstehen.

Martin Gerlach

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