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Matth. 5, Vers 3
Wem gilt diese Seligpreisung? Der evangelische Theologe Schweizer
kommt zu dem Ergebnis: "Der ur-
sprüngliche Zuspruch Jesu gilt einfach den Armen."
Antike Herrscher gaben sich und ihrer Macht gern eine religiöse
Weihe. Sie nannten sich oft Söhne Gottes. Am Ende der Monarchie
entstanden eschatologische Erwartungen. Dieser erwartete Herrscher
sollte ein charismatischer Mensch sein, der das Gottesreich bringen
sollte. Gerechtigkeit sollte herrschen, Frieden soll auf Erden sein.
Roß, Bogen und Reiter sind nicht mehr bestimmend.
Diese Erwartung wurde von der Jesusbewegung aufgenommen. Die erwartete
Herrschaft wurde jetzt aber auf die Anhänger, auf die kleinen Leute,
übertragen. Sie sollen Teilhaber der Macht sein. Ihnen gehört die
Gottesherrschaft. Arme sind offensichtlich die, die unter einer
Bedrängnis leiden, die politisch ohnmächtig sind. So wird dem Armen
das Himmelreich gehören. Gerd Theißen folgert also: "Die
traditionelle Messiaserwartung ist in einen Gruppenmessianismus
transformiert worden." Diese Armen sagen sich: "Wenn wir
standhaft bleiben, so werden wir mit ihm herrschen." Die Macht
wandelt sich.
Wie wird das konkret? Bei der Gestaltung dieser Macht geht es um das
Schaffen von Frieden. (Matth. 5,9) Der Epheserbrief findet ein
Beispiel dafür: Es geht um Frieden zwischen Christen und Juden, den
die Kaiser nicht schaffen konnten. Sie sollen die Mächtigen vom
Stuhle stoßen. Zu dieser Art der Ausübung gehört auch das Leiden.
Das Himmelreich verpflichtet wohl dazu, die Welt in einer bestimmten
Weise zu sehen und das Leben in einer bestimmten Weise zu leben.
Dieser Machtwechsel führt dann zu einer Kontrastlogik und einer
Kontrastordnung, zu einer anderen politischen Logik, als wir sie
kennen. Es geht wohl um Machtkontrolle und um ein anderes
Statusverständnis: "Wer der erste sein will, soll bereit sein,
der Diener und Sklave aller zu werden." (Matth. 20,26)
Martin Gerlach |
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